Mobilität in der Samtgemeinde
Kommunaler Fahrdienst
Was ist denn nun eigentlich ein kommunaler Fahrdienst? Diese Frage ist bislang durch seine Befürworter nicht hinreichend beantwortet worden. Er ist zumindest nicht lediglich „eine Buslinie, um Lücken im öffentlichen Personennahverkehr auszugleichen“, wie jüngst in einem Parteiblatt zu lesen war.
Solange ein kommunaler Fahrdienst außerhalb der Anforderungen des Personenbeförderungsgesetzes betrieben werden soll, darf dieser weder entgeltlich noch geschäftsmäßig Personenbeförderungen anbieten. Dabei ist es zunächst einmal unerheblich, ob die Leistungen im Linien- oder Gelegenheitsverkehr angeboten werden. Da allerdings der Staat, respektive die Kommune, mit ihrer steuerbasierten Finanzkraft auch nicht in unlautere Konkurrenz zur privaten Wirtschaft treten darf, hat sich das Angebot eines kommunalen Fahrdienstes auf einen Marktbereich der Personenbeförderung zu beschränken, der durch private Dritte aus wirtschaftlichen Gründen nicht bedient wird. Das ist i.d.R. nur im mildtätigen Bereich der Fall.
Das Angebot eines kommunalen Fahrdienstes muss sich mithin auf Personen be-schränken, die den allgemeinen Linienverkehr wegen individueller Voraussetzungen nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nutzen und sich weder ein eigenes Auto noch ein Taxi leisten können. Diesen Personen kann mit einem kommunalen Fahrdienst die Möglichkeit eröffnet werden, mobil zu bleiben und am öffentlichen Leben teilzunehmen. Dieser mildtätige Zweck des Fahrdienstes wird an Einkommensgrenzen oder anderen persönlichen Kriterien festzumachen sein, die nachweislich zur Nutzung dieses Angebots berechtigen.
Die Kosten eines solchen Fahrdienstes werden überschaubar sein, zumal der Einsatz von ehrenamtlichen Fahrern hier denkbar erscheint.Nicht vergessen werden darf hierbei allerdings, dass neben dem Betrieb eines Kleinbusses Verwaltungsaufwand für die Koordination der Fahrten sowie für die Prüfung der persönlichen Nutzungsberechtigung und die Ausgabe von Berechtigungsscheinen anfallen werden.
Indes wird klar, dass der rüstige Rentner, der sein Auto für den Theaterbesuch stehen lassen will, diesen Fahrdienst nicht wird nutzen können. Auch dürfen Pendelverkehre für die Allgemeinheit, z.B. zwischen den kleineren Ortschaften und den Grundzentren Neetze und Barendorf, für die Erledigung von Einkäufen oder Behördenbesuche aus den aufgeführten rechtlichen Erwägungen durch einen kommunalen Fahrdienst nicht angeboten werden.
Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)
Die durch die Befürworter eines Fahrdienstes angestrebte Verbesserung der „Erreichbarkeit unserer Dörfer innerhalb der Samtgemeinde Ostheide” wird somit durch einen kommunalen Fahrdienst nur eingeschränkt zu realisieren sein.
Wer aber die Verbesserung der Mobilität aller Bürgerinnen und Bürger durch die Samtgemeinde anstrebt, muss sich vorab im Klaren sein, dass damit im Rahmen der Daseinsvorsorge der Kommune der Aufbau eines öffentlichen Personennahverkehrs u.a. auf der Grundlage des Personenbeförderungsgesetzes einhergeht.
Hierzu bedarf es eines genehmigungsfähigen Betriebes, der über ausreichende Leistungsfähigkeit verfügt, ein Beförderungsangebot dauerhaft aufrecht zu erhalten, denn mit der Genehmigung sind auch die Betriebs- und Beförderungspflicht verbunden. Für die Einrichtung eines Linienverkehrs im Rahmen des ÖPNV bedarf es zudem des Einsatzes von Bussen, die sich auf dem neusten Stand der Technik befinden und den Bedürfnissen von Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigungen, älteren Menschen, Kindern und Personen mit Kindern ausreichend gerecht werden. Diese geforderte Barrierefreiheit ist nur durch den Einsatz von Niederflurbussen erreichbar. Darüber hinaus ist durch die Betreiber entsprechende Fachkunde nachzuweisen.
Die Samtgemeinde könnte zu diesem Zweck im Rahmen der Daseinsvorsorge einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb einrichten, der alle Voraussetzungen für den Erwerb einer Konzession gemäß Personenbeförderungsgesetz erfüllt. Der Einsatz ehrenamtlicher Fahrer dürfte sich hiermit ausschließen, da der Betrieb den Anforderungen geltender Tarifverträge mit den Gewerkschaften unterläge. Alternativ könnte die Samtgemeinde die Leistungen eines ÖPNV auf dem Gebiet der Samtgemeinde ausschreiben, um es an ein konzessioniertes Unternehmen zu vergeben.
Damit wird deutlich, dass die Einrichtung eines ÖPNV, der den Mobilitätsversprechen an die Allgemeinheit gerecht wird, keine günstige Angelegenheit sein wird.So darf in diesem Zusammenhang in Erinnerung gerufen werden, dass seitens der Samtgemeinde eine Kostenbeteiligung für die Einrichtung einer Schülerbeförderung zwischen Barendorf und Scharnebeck abgelehnt wurde, weil allein hierfür mit Kosten in Höhe von jährlich 30 TEUR zu rechnen war.
Bürgerbus
In Niedersachsen sind bereits in anderen Gemeinden sogenannte Bürgerbusse im Einsatz. Diese fahren nicht im Rahmen der Daseinsvorsorge von Gemeinden im reguläre Linienverkehr des ÖPNV. Bürgerbusse werden in Vereinen organisiert und basieren auf rein ehrenamtlichem Engagement von Bürgerinnen und Bürgern. Diese Vereine sind nicht Vertragspartnervon Kommunen zur Erbringung einer Leistung des ÖPNV und benötigen deshalb auch keine Konzession nach dem Personenbeförderungsgesetz. Sie schlüpfen vielmehr als Vertragspartner eines Verkehrsunternehmens unter deren Konzession und bieten so zusätzliche Beförderungsleistungen außerhalb des ÖPNV an, welche von den Kommunen aus finanziellen Gründen nicht bedient werden können.
Dieses Modell böte sich sicherlich auch für die Samtgemeinde Ostheide an, zumal Bürgerbusvereine u.a. durch die Landesverkehrsgesellschaft finanziell unterstützt werden. Ehrlicherweise sollte man dann aber in der
Debatte den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber offen darlegen, dass dieses Beförderungsangebot durch sie selbst erbracht werden muss. Denn Bürgerbusse sind eben nur dort im Einsatz, wo sich Kommunen außerstande sehen, ihrer Aufgabe, einen ÖPNV einzurichten, selbst nachzukommen.
Wenn das Ziel der politischen Initiative im Samtgemeinderat die Gründung eines Vereins sein soll, der in der Samtgemeinde Ostheide einen Bürgerbus betreibt – was soll dann eigentlich durch die Samtgemeinde getestet werden? So dürfte es sicher leicht sein, Bürgerinnen und Bürger für die Nutzung eines zusätzlichen Angebots zu begeistern, z.B. die Einrichtung eines Pendelverkehrs zu den Einkaufsmärkten – wesentlich schwerer dürften sie aber davon zu überzeugen sein, dass sie nach einer Testphase dieses Angebot im Rahmen eines Vereins und mit eigenem Risiko selbst zu organisieren haben.
Zudem entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, wenn die Kommunen politisch in Aufgabenfeldern tätig werden, welche sie doch aufgrund mangelnder Finanzkraft den Bürgern selbst überlassen müssen. Nennt man so etwas nun „kreative Mangelverwaltung” oder „falsche Versprechen”?
Schlußbetrachtung
Vor diesem Hintergrund sollte die Frage, welche Mobilitätsbedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger in der Samtgemeinde Ostheide befriedigt werden sollen und mit welchen Instrumenten dies erreicht werden kann, bereits vor einer Testphase beant-wortet werden, will man sich nicht den Vorwurf des bloßen politischen Aktionismus gefallen lassen. Zudem sollten die Bürgerinnen und Bürger von den politischen Parteien besser über die Inhalte und Unterschiede der verschiedenen Mobilitätsmodelle aufgeklärt werden, zumal wenn einige die Debatte hierüber selbst anstoßen. So haben die Bürgerinnen und Bürger die Wahl zwischen:
- einem kostengünstigen Modell, welches die versprochene Mobilität für alle nur begrenzt erfüllt (kommunaler Fahrdienst) oder
- zusätzlichen kommunal finanzierten Buslinien auf dem Gebiet der Samtgemeinde, die ihnen teuer zu stehen kommen dürften (ÖPNV) oder
- der Organisation eines zusätzlichen Beförderungsangebots durch sie selbst (Bürgerbus) oder
- der Nachbarschaftshilfe.
Läßt sich nun aus den Ergebnissen der sogenannten Bedarfsabfrage der Samtgemeinde zur Notwendigkeit eines kommunalen Fahrdienstes, welche auch Fragen zum ÖPNV bzw. Bürgerbus enthielt, eine Handlungsempfehlung an die Samtgemeinde ableiten? Von den 68 zurückgegebenen Fragebögen sprachen sich 59 für und 9 gegen die Einführung eines solchen Angebots aus. Eine Rücklaufquote von gerade mal 0,15 % der 4321 verteilten Fragebögen lässt aber eher den Schluss zu, dass diese Fragestellung bei der großen Mehrheit der Bürger der Samtgemeinde keine große Priorität hat und somit sicherlich keine Handlungsempfehlung für die Samtgemeinde darstellt, zumal die Einführung eines kommunalen Fahrdienstes etc. mit Kosten für die Samtgemeinde und damit ihre Mitgliedsgemeinden verbunden wäre. Wird sie trotzdem aktiv, so darf sie sich die Frage nach dem eigentlich Motiv gefallen lassen!
Daher ist der Beschluss des Rats der Gemeinde Barendorf, keinen kommunalen Fahrdienst ohne ein klares, tragfähiges Konzept einzuführen, eine gute Entscheidung.